„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“

Hendrik Bracht aus dem Evangelischem Klinikum Bethel (EvKB) ist seit Anfang des Jahres Deutschlands erster Universitätsprofessor für Interdisziplinäre Intensivmedizin. Zum Tag der Intensivmedizin am 15. Juni berichtet er über medizinische Entwicklungen, sein neues Leben in OWL und verrät, warum er beinahe gar kein Arzt geworden wäre.

„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“
Gut angekommen: Der Intensivmediziner läuft in seiner Freizeit gern um den Bielefelder Obersee oder widmet sich der Musik. Als DJ serviert er seinen Zuhörern elektronische Drum and Bass-Klänge.
„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“
„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“
Gut angekommen: Der Intensivmediziner läuft in seiner Freizeit gern um den Bielefelder Obersee oder widmet sich der Musik. Als DJ serviert er seinen Zuhörern elektronische Drum and Bass-Klänge.

Eigentlich wollte Hendrik Bracht Ingenieur werden – bis er seinen Zivildienst antrat, der ihn im besten Sinne schicksalhaft auf eine Intensivstation in seiner Geburtsstadt Emden führte. „Die Arbeit an diesem besonderen Ort hat mich fasziniert“, erinnert er sich. Es war die Kombination aus Technik und einzigartigem Teamgeist, den die enge Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegenden prägte, um Menschen mit akut lebensbedrohlichen Zuständen und Krankheiten zu helfen.

„Ich habe alle Pläne über den Haufen geworfen und 1995 meinen Medizin-Studienplatz in Ulm bekommen“, erinnert er sich. Ob Famulatur, Praktisches Jahr oder Forschung - alles war und ist bei Hendrik Bracht auf die Intensivmedizin ausgerichtet. Inzwischen ist aus dem einstigen „Zivi“ Universitätsprofessor Dr. med. Hendrik Bracht geworden. Zum Jahresbeginn ist der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin vom Universitätsklinikum Ulm, wo er seit 2001 tätig war und seit 2020 die Notaufnahme leitete, ans EvKB nach Bielefeld gewechselt.

Dort hat er nicht nur die Position des stellvertretenden Klinikdirektors und Leitenden Oberarztes der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Transfusionsmedizin und Schmerztherapie übernommen, sondern wurde auch zum Professor für Interdisziplinäre Intensivmedizin an der Medizinischen Fakultät OWL ernannt.

„Das ist für mich etwas ganz Besonderes“, erklärt der 50-Jährige. Denn sein Ziel lautet, die Intensivmedizin – auch im akademischen Umfeld – stärker sichtbar zu machen. Dazu soll die klinische Patientenversorgung ebenso beitragen wie Forschung und Lehre. Wie besonders die Professur ist, untermauern Zahlen: Bundesweit gibt es nur elf Professuren für Intensivmedizin. Die Ausrichtung auf interdisziplinäre Intensivmedizin in Bielefeld ist hierzulande einzigartig – und spiegelt Selbstverständnis und Herzensthema des Mediziners wider.

„Man darf in der Intensivmedizin keinen Halt vor fachlichen Grenzen machen“, schildert er. Ärztliche Disziplinen wie Anästhesiologie, Innere Medizin und Chirurgie müssten eng miteinander verzahnt sein. Ebenso wichtig ist ihm die interprofessionelle Zusammenarbeit der Berufsgruppen. So wie er als Zivildienstleistender Teil des Teams war, ist für ihn das partnerschaftliche Miteinander von Kolleginnen und Kollegen aus Bereichen wie Pflege, Physiotherapie, Infektiologie oder Pharmazie entscheidend für den ganzheitlichen Behandlungserfolg. Seine Auffassung von Teamarbeit ist gelebter Alltag im EvKB.

Denn bereits 2022 wurde das EvKB von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) mit der Zertifizierung „Intensivmedizin in der Schwerpunktversorgung der höchsten Kategorie“ in den Häusern Gilead I und Johannesstift ausgezeichnet sowie explizit für die Behandlung von schwersten Verletzungen und Traumata sowie lebensgefährlich neurologischen und neurochirurgischen Erkrankungen wie Schlaganfälle oder Gehirnblutungen. „So etwas ist nur als Teamleistung möglich.“

Auch Hendrik Bracht ist Mitglied der DGAI, die mit dem Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten jährlich am 15. Juni den Tag der Intensivmedizin ausruft. Der Tag soll die herausragende Arbeit aller Fachkräfte auf Intensivstationen würdigen. Denn trotz Corona-Pandemie, in der die Bedeutung der Intensivmedizin stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, bestünden weiter Informationsbedarf und Berührungsängste beim Thema Intensivmedizin.

„Wir erleben zum Beispiel, dass Patienten Angst vor einem Kontrollverlust haben. Sie fürchten, nicht selbstbestimmt handeln zu können und der sprichwörtlichen Apparatemedizin ausgeliefert zu sein“, erklärt er. Angehörige beschäftige vor allem Sorge und Ungewissheit in einer akut lebensbedrohlichen Situation. Auch die Dynamik der Entwicklungen überfordere viele Menschen. „Vor diesem Hintergrund überprüfen wir mehrmals täglich die individuellen Therapieziele jedes Patienten und handeln dementsprechend“, erklärt er. Auch die Kommunikation mit Patienten und Angehörigen hat deshalb einen hohen Stellenwert für das Intensivteam im EvKB.  

Jährlich werden nach Angaben der DGAI rund zwei Millionen Menschen auf deutschen Intensivstationen behandelt. „Weit mehr als 90 Prozent von ihnen werden zurück ins Leben gebracht“, sagt Bracht. Auch die Angehörigen hätten einen großen Anteil daran. „Deshalb gibt es auf unseren Intensivstationen keine Besuchszeiten – Angehörige sind rund um die Uhr willkommen.“

Eines der Zukunftsthemen im EvKB ist deshalb die Vorbereitung für das Erlangen des Siegels „Angehörigenfreundliche Intensivstation“. Auf Ebene der DGAI stehen für Hendrik Bracht zum Beispiel Themen wie die Gründung von Intensivzentren und die Förderung der Telemedizin und die ECMO-Therapie auf der Agenda. Und als Neu-Bielefelder? „Fühle ich mich nach einem halben Jahr beruflich wie privat sehr gut angekommen“, sagt der verheiratete Familienvater zweier Kinder. Besonders betont er das „Mindset“ in Bethel. „Ich erlebe auf allen Ebenen eine den Menschen sehr zugewandte Herangehensweise.“ Und privat liebt er den Obersee als Erholungsort abseits der Arbeit am Dienst der Patienten.

Medizinstudium

am Campus Bielefeld-Bethel

Unser Motto: „Wir bilden Zukunft aus.“ Das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB) und das Krankenhaus Mara sind Teil des Universitätsklinikums OWL der Universität Bielefeld: der Campus Bielefeld-Bethel. Mit dem Studienstart des Modellstudiengangs Humanmedizin im Wintersemester 2021/2022 an der Universität Bielefeld werden Studierende der Humanmedizin Teile ihrer klinischen Ausbildung in unserem Betheler Klinikum absolvieren. Das EvKB und das Krankenhaus Mara bieten hierfür mit einem breiten medizinischen Spektrum, vielen seltenen Spezialisierungen und spannenden Forschungsaktivitäten hervorragende Möglichkeiten für die Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte der nächsten Generation.

Aktuelles aus dem Bereich Medizinstudium

Nachrichten

„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“

Hendrik Bracht aus dem Evangelischem Klinikum Bethel (EvKB) ist seit Anfang des Jahres Deutschlands erster Universitätsprofessor für Interdisziplinäre Intensivmedizin. Zum Tag der Intensivmedizin am 15. Juni berichtet er über medizinische Entwicklungen, sein neues Leben in OWL und verrät, warum er beinahe gar kein Arzt geworden wäre.

„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“
Gut angekommen: Der Intensivmediziner läuft in seiner Freizeit gern um den Bielefelder Obersee oder widmet sich der Musik. Als DJ serviert er seinen Zuhörern elektronische Drum and Bass-Klänge.
„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“
„Mehr als 90 Prozent der Intensivpatienten werden zurück ins Leben gebracht“
Gut angekommen: Der Intensivmediziner läuft in seiner Freizeit gern um den Bielefelder Obersee oder widmet sich der Musik. Als DJ serviert er seinen Zuhörern elektronische Drum and Bass-Klänge.

Eigentlich wollte Hendrik Bracht Ingenieur werden – bis er seinen Zivildienst antrat, der ihn im besten Sinne schicksalhaft auf eine Intensivstation in seiner Geburtsstadt Emden führte. „Die Arbeit an diesem besonderen Ort hat mich fasziniert“, erinnert er sich. Es war die Kombination aus Technik und einzigartigem Teamgeist, den die enge Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegenden prägte, um Menschen mit akut lebensbedrohlichen Zuständen und Krankheiten zu helfen.

„Ich habe alle Pläne über den Haufen geworfen und 1995 meinen Medizin-Studienplatz in Ulm bekommen“, erinnert er sich. Ob Famulatur, Praktisches Jahr oder Forschung - alles war und ist bei Hendrik Bracht auf die Intensivmedizin ausgerichtet. Inzwischen ist aus dem einstigen „Zivi“ Universitätsprofessor Dr. med. Hendrik Bracht geworden. Zum Jahresbeginn ist der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin vom Universitätsklinikum Ulm, wo er seit 2001 tätig war und seit 2020 die Notaufnahme leitete, ans EvKB nach Bielefeld gewechselt.

Dort hat er nicht nur die Position des stellvertretenden Klinikdirektors und Leitenden Oberarztes der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Transfusionsmedizin und Schmerztherapie übernommen, sondern wurde auch zum Professor für Interdisziplinäre Intensivmedizin an der Medizinischen Fakultät OWL ernannt.

„Das ist für mich etwas ganz Besonderes“, erklärt der 50-Jährige. Denn sein Ziel lautet, die Intensivmedizin – auch im akademischen Umfeld – stärker sichtbar zu machen. Dazu soll die klinische Patientenversorgung ebenso beitragen wie Forschung und Lehre. Wie besonders die Professur ist, untermauern Zahlen: Bundesweit gibt es nur elf Professuren für Intensivmedizin. Die Ausrichtung auf interdisziplinäre Intensivmedizin in Bielefeld ist hierzulande einzigartig – und spiegelt Selbstverständnis und Herzensthema des Mediziners wider.

„Man darf in der Intensivmedizin keinen Halt vor fachlichen Grenzen machen“, schildert er. Ärztliche Disziplinen wie Anästhesiologie, Innere Medizin und Chirurgie müssten eng miteinander verzahnt sein. Ebenso wichtig ist ihm die interprofessionelle Zusammenarbeit der Berufsgruppen. So wie er als Zivildienstleistender Teil des Teams war, ist für ihn das partnerschaftliche Miteinander von Kolleginnen und Kollegen aus Bereichen wie Pflege, Physiotherapie, Infektiologie oder Pharmazie entscheidend für den ganzheitlichen Behandlungserfolg. Seine Auffassung von Teamarbeit ist gelebter Alltag im EvKB.

Denn bereits 2022 wurde das EvKB von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) mit der Zertifizierung „Intensivmedizin in der Schwerpunktversorgung der höchsten Kategorie“ in den Häusern Gilead I und Johannesstift ausgezeichnet sowie explizit für die Behandlung von schwersten Verletzungen und Traumata sowie lebensgefährlich neurologischen und neurochirurgischen Erkrankungen wie Schlaganfälle oder Gehirnblutungen. „So etwas ist nur als Teamleistung möglich.“

Auch Hendrik Bracht ist Mitglied der DGAI, die mit dem Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten jährlich am 15. Juni den Tag der Intensivmedizin ausruft. Der Tag soll die herausragende Arbeit aller Fachkräfte auf Intensivstationen würdigen. Denn trotz Corona-Pandemie, in der die Bedeutung der Intensivmedizin stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, bestünden weiter Informationsbedarf und Berührungsängste beim Thema Intensivmedizin.

„Wir erleben zum Beispiel, dass Patienten Angst vor einem Kontrollverlust haben. Sie fürchten, nicht selbstbestimmt handeln zu können und der sprichwörtlichen Apparatemedizin ausgeliefert zu sein“, erklärt er. Angehörige beschäftige vor allem Sorge und Ungewissheit in einer akut lebensbedrohlichen Situation. Auch die Dynamik der Entwicklungen überfordere viele Menschen. „Vor diesem Hintergrund überprüfen wir mehrmals täglich die individuellen Therapieziele jedes Patienten und handeln dementsprechend“, erklärt er. Auch die Kommunikation mit Patienten und Angehörigen hat deshalb einen hohen Stellenwert für das Intensivteam im EvKB.  

Jährlich werden nach Angaben der DGAI rund zwei Millionen Menschen auf deutschen Intensivstationen behandelt. „Weit mehr als 90 Prozent von ihnen werden zurück ins Leben gebracht“, sagt Bracht. Auch die Angehörigen hätten einen großen Anteil daran. „Deshalb gibt es auf unseren Intensivstationen keine Besuchszeiten – Angehörige sind rund um die Uhr willkommen.“

Eines der Zukunftsthemen im EvKB ist deshalb die Vorbereitung für das Erlangen des Siegels „Angehörigenfreundliche Intensivstation“. Auf Ebene der DGAI stehen für Hendrik Bracht zum Beispiel Themen wie die Gründung von Intensivzentren und die Förderung der Telemedizin und die ECMO-Therapie auf der Agenda. Und als Neu-Bielefelder? „Fühle ich mich nach einem halben Jahr beruflich wie privat sehr gut angekommen“, sagt der verheiratete Familienvater zweier Kinder. Besonders betont er das „Mindset“ in Bethel. „Ich erlebe auf allen Ebenen eine den Menschen sehr zugewandte Herangehensweise.“ Und privat liebt er den Obersee als Erholungsort abseits der Arbeit am Dienst der Patienten.

Veranstaltungen

Samstag | 30.11.2024

09:00 bis 14:00
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die rasante Entwicklung der Diagnostik und neuer Therapiemöglichkeiten prägen [...]

Kontakt

Evangelisches Klinikum Bethel
Universitätsklinikum OWL der Universität Bielefeld
Campus Bielefeld-Bethel

Lehrkoordination
Bethesdaweg 10
33617 Bielefeld

Tel.: 0521 772-77271
oder 0521 772-77272

Maike Twelker

Leitung Lehrkoordination

Valentina Reimer

Lehrkoordination

Susanne Strauch-Labitzky

Lehrkoordination

Das könnte Sie auch interessieren:

Facharztweiterbildung

» mehr erfahren

Übersicht Fachveranstaltungen

» mehr erfahren

Unsere Auszeichnungen

Qualitätssiegel MRSA

Für ihre Maßnahmen gegen die Verbreitung multiresistenter Erreger (MRE) sind das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB) und das Krankenhaus Mara vom MRE-Netzwerk Nordwest mit dem Qualitätssiegel MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) ausgezeichnet worden. Das Siegel wird nur an Krankenhäuser vergeben, die in 10 verschiedenen Qualitätszielen zur Verhinderung der Verbreitung von MRSA punkten.

Aktion Saubere Hände Gold

Mit dem Gold-Zertifikat für die Jahre 2024 und 2025 hat das Evangelische Klinikum Bethel die höchste Auszeichnung der "Aktion saubere Hände" für Maßnahmen zur Krankenhaushygiene erhalten.

https://www.aktion-sauberehaende.de/ash/ash/ _blank

Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.

Das Evangelische Klinikum Bethel ist Mitglied im Aktionsbündnis Patientensicherheit, um unseren Patienten eine größtmögliche Sicherheit bei ihrer Behandlung zukommen zu lassen.

http://www.aps-ev.de/

Verstetigung Hygiene

Das Evangelische Klinikum Bethel wurde mit dem Siegel "Qualität und Transparenz" durch die Interreg Deutschland Nederland ausgezeichnet.

https://www.deutschland-nederland.eu/ _blank